Für mich ist es ganz einfache Psychologie: kein Kanzler oder Minister einer Bundesregierung kann sich ernsthaft vor die Öffentlichkeit hinstellen und sagen: "Sorry Leute, aber die Euro-Rettung wird noch drei Jahre brauchen, uns rund 20 Milliarden Euro kosten und Deutschland in Europa währenddessen richtig unbeliebt machen". Wer so etwas von sich gibt, wird vom ach-so-mündigen Bürger abgewählt. Gerhard Schröder kann ein beredtes Lied davon singen, was passiert, wenn man unpopuläre, aber notwendige Dinge tut. Nichtsdestotrotz muss auch der Job "Vollstrecken unpopulärer Aufgaben" von jemandem gemacht werden, denn der Witz ist: auch das was unpopulär ist, kann richtig sein - etwas, dass die Linke vor rund 20 Jahren vergessen hat.
Bei der Wiedervereinigung war es im Wesentlichen dasselbe: hätte sich Helmut Kohl hingestellt und gesagt: "Liebe Ossis, die Wiedervereinigung kostet rund die Hälfte von euch die Arbeitsplätze. Liebe Wessis, euch kostet der Osten rund 2 Billionen Mark und lange lange Jahre Solidaritätszuschlag und liebe Deutsche, wir müssen durch rund 15 Jahre Jammertal, Mühlsal und Elend gehen, bis aus dem Osten mal wieder was wird.", dann wäre die Wiedervereinigung noch im Ansatz unter lärmender Abwahl von Kohl und allen, die sie vorangetrieben haben, gescheitert. Nichtsdestotrotz war sie mit all ihren Kosten richtig und gut, denn vieles kann man nun einmal nicht mit Geld bezahlen und heute wird das Gesamtprojekt von keinem ernsthaften Menschen mehr infrage gestellt.
Ich für meinen Teil glaube bezogen auf die Wiedervereinigung ja folgendes:
a) die politischen Kräfte wussten nicht im Ansatz, was auf uns zukommt.
b) hätten sie es gewusst und laut gesagt, wäre es keinesfalls zur Wiedervereinigung gekommen
c) hätten die Bürger um die Lasten gewusst, die auf sie zukommen, wären sie schreiend auf die Barrikaden gegangen.
b) hätten sie es gewusst und laut gesagt, wäre es keinesfalls zur Wiedervereinigung gekommen
c) hätten die Bürger um die Lasten gewusst, die auf sie zukommen, wären sie schreiend auf die Barrikaden gegangen.
Und daher könnte man auch zu dem Schluss kommen, dass es vielleicht der Job von Politikern ist, diverse unangenehme Wahrheiten vor den Wählern zu verbergen, wenn dadurch das Richtige getan werden kann. Für gut halte ich diese Verfahrensweise nicht, aber ich habe im Angesicht einer hysterischen Medienlandschaft und einer bei schwierigen Themen keinesfalls mündigen Öffentlichkeit auch keine bessere Lösung.
Denn hätten wir eine mündige Öffentlichkeit, müsste beispielsweise die Kanzlerin angesichts der Finanzkrise nicht den Erklärbär geben, sondern die Leute kämen von selber darauf, dass sie einen psychologisch wie auch finanziell recht cleveren Kurs fährt, indem sie einerseits die betroffenen Staaten diszipliniert und(!) in den notwendigen Maßen unterstützt und gleichzeitig in Deutschland politische Zustimmung behält und nicht aus dem Amt gefegt wird. Das ist ja für einen Politiker ebenfalls wichtig und man kann kaum verlangen, dass gewählte Amtsträger freiwillig und sehenden Auges in ihre Abwahl rennen. Stattdessen wird von in der Öffentlichkeit gejammert und geheult, das es einem Angst und Bange werden kann, während Deutschland gleichzeitig so gut dasteht wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die "mündige" Öffentlichkeit hat hier in guten Teilen schon reichlich an Realitätssinn verloren und tippt sich vor Hass und Wut die Finger über die "schlimmen Zustände da draussen" wund, während sie gemütlich bei einem Latte Macchiato im bequemen Sessel am sündhaft teuren Apple-Computer hockt, bei Amazon dem nächsten Schnäppchen nachjagt und dabei über den Zustand der Welt lamentiert.
Zusammenfassend: hätten wir eine mündige Öffentlichkeit, so käme es nicht alle paar Tage zu medialen Shitstorms, angezettelt von unverantwortlich agierenden "Leid"medien, die wenig mehr außer Skandalisierung im Sinn haben und dabei von unzähligen Partikulargruppen angefeuert werden, denen es um ihre eigenen Interessen statt dem Gemeinwohl an sich geht. In einer solchen Öffentlichkeit würde ich als Politiker auch öfter meinen Mund halten statt mich mit "der ganzen Wahrheit" unbeliebt zu machen.
Zusammenfassend: hätten wir eine mündige Öffentlichkeit, so käme es nicht alle paar Tage zu medialen Shitstorms, angezettelt von unverantwortlich agierenden "Leid"medien, die wenig mehr außer Skandalisierung im Sinn haben und dabei von unzähligen Partikulargruppen angefeuert werden, denen es um ihre eigenen Interessen statt dem Gemeinwohl an sich geht. In einer solchen Öffentlichkeit würde ich als Politiker auch öfter meinen Mund halten statt mich mit "der ganzen Wahrheit" unbeliebt zu machen.
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