Nein, ich möchte nicht sagen "Ich bin stolz auf Deutschland". Das trifft es nämlich nicht. Ich bin nicht "stolz" auf das Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, arbeite und lebe. Es ist vielmehr so, dass ich mich glücklich schätze, hier zu leben. Ich mag dieses Land. Ich freue mich über seine Errungenschaften. Ich finde sein Gesellschaftsmodell sehr lebenswert. Das politische System gefällt mir trotz seiner Unzulänglichkeiten gut. Die geographische Lage und der natürliche Reichtum sind ebenfalls Pfunde, mit denen es wuchern kann.
Es kann indes nicht schaden, den Blick von außen bei solchen Überlegungen mit einzubeziehen. Wir müssen uns ja nicht gleich damit brüsten, dass Deutschland die letzten beiden Jahre das beliebteste Land der Welt war. Viel interessanter finde ich da beispielsweise das sympathische Auftreten der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der WM in Südafrika. Die deutsche Mannschaft war ein superber Botschafter für das Land, hat uns mit ihrem fairen und flotten Fußballspiel begeistert und das eine solche multiethnische Truppe wie die deutsche Mannschaft Sympathien für das Land weckt, stimmt mich fröhlich.
Warum? Na, weil es Balsam für die geschundene deutsche Seele ist, die sich so gerne in Selbstzweifeln und Selbsthass ergibt. Es ist viel schwerer, sich selbst zu hassen, wenn es alle anderen nicht tun. Und mit dem Selbsthass aufzuhören ist es verdammt an der Zeit. Ich finde es dabei prächtig, dass Deutschland unter anderem von einem afrikanisch-stämmigen, in Deutschland geborenen Boateng, einem in Polen geborenen und nach Deutschland übergesiedelten Klose, einem Podolski, der ebenfalls in Polen geboren wurde und nun beide Staatsbürgerschaften hat, einem halb-tunesischen, in Deutschland geborenen Khedira, dem in Deutschland geborenen Özil, dessen Eltern aus der Türkei hier eingewandert sind, vertreten wird. Das Symbol dabei ist mir wichtig: Deutschland konstituiert sich nicht aus Abstammung und es gibt auch keine deutsche Rasse. Denn Deutschland war und ist schon seit zweitausend Jahren ein Land, in dem viele Ethnien leben. Und diese hat nicht die Farbe ihrer Haut, sondern der Glaube an die Werte dieses Landes zu einen.
Und ich will in meiner unbeschwerten Fröhlichkeit gar nicht in das andere Extrem verfallen, denn deutsche Großmannssucht und Überheblichkeit sind ebenso passé wie der deutsche Selbsthass. Stattdessen sollten wir freimütig und offen gegen alle, selbstbewusst und hilfsbereit nach außen auftreten und uns als überzeugte Europäer in diesen noch größeren und noch bunteren Vielvölkerstaat namens EU einbringen. Dort sollten wir dafür sorgen, dass die Werte, welche uns wichtig sind, dort auch übernommen werden und dafür an anderen Stellen, wo wir von der Lässigkeit anderer Nationen lernen können, Abstriche am deutschen Perfektionismus und Regularismus machen.Wir schätzen die Italiener für ihren Lebensstil, die Franzosen für ihre Kultiviertheit, die Schweden für ihre Zurückhaltung, die Österreicher für ihre Gemütlichkeit, die Spanier für ihr Temperament und so weiter. Von allem dem haben wir uns in den letzten Jahrzehnten bereits viel abgeschaut. Und ohne das wir auch den Hang der Italiener zur Anarchie, den französischen Egoismus oder die griechische Sorglosigkeit übernommen hätten, so sind wir heute doch bereits ein viel fröhlicheres, gerechteres, unbeschwerteres und freundlicheres Land als noch vor 50 Jahren. Das(!) ist ein großer Erfolg unserer Gesellschaft und es ist Ausdruck des 21. Jahrhunderts, in dem wir leben. Ich schätze mich glücklich, das es dieses ist, in dem ich lebe.
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